Warum braucht Österreich eine Künstliche Intelligenz Strategie?

Noch niemand weiß, welche Auswirkungen Künstliche Intelligenz (“KI”)[1] auf unser Leben haben und wie KI unsere Gesellschaft verändern wird. Die Berichterstattungen variieren von utopisch („Mit KI werden wir alle großen Probleme unserer Zeit lösen.“) bis zu „Terminatorszenarien“ („Menschen werden von Maschinen unterworfen“ oder „Maschinen werden alle Jobs wegnehmen“). Auch wenn niemand die Zukunft vorhersagen kann, wird die Wahrheit, wie so oft, in der Mitte liegen. Eines ist aber unbestritten: „KI wird unser Leben in allen Bereichen beeinflussen und unsere Gesellschaft verändern“.[2] Erfindungen wie die Dampfmaschine, Verbrennungsmotoren (bzw. Autos) und das Internet haben uns gezeigt, wie solche Veränderungen aussehen können. Wir erleben gerade die „4. industrielle Revolution“. Insofern ist klar, dass sich die Politik mit neuen technologischen Entwicklungen auseinandersetzen muss, vor allem mit KI, IoT & Robotik. [Siehe auch Erläuterungen in Anhang 2]

Österreich muss (pro)aktiv handeln.

Durch künstliche Intelligenz tun sich Chancen auf. Damit diese wahrgenommen werden, braucht es einen klaren Handlungsaufruf. Dieser muss die Entwicklung von KI-basierten Lösungen zum Wohle aller Menschen vorsehen.

Österreich muss strategisch handeln.

Neue Technologien, wie KI, sind komplex. Noch komplexer sind deren Auswirkungen auf unsere Gesellschaft, da sie nahezu alle Lebens­bereiche betreffen werden. Darum braucht es ein strategisches Vorgehen, bei dem Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Bürger_Innen an einem Strang ziehen und auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. Einzelne Maßnahmen und „Leuchtturmprojekte“ werden nicht reichen.

Österreich muss schnell handeln.

In den letzten Jahren haben zahlreiche Länder KI-Strategien verabschiedet, spezielle Budgets beschlossen und eigene Ministerien oder Taskforces für KI gegründet, darunter Frankreich, Großbritannien, Italien, Australien, Japan, China, Saudi-Arabien, Indien und Mexiko. [Siehe Grafik in Anhang 3.] Österreich (und Europa) hat bereits den letzten großen technologischen Wandel (den Aufstieg von Internet und von Software) verschlafen. Das hat zu einer großen Abhängigkeit von Amerika und dazu geführt, dass wir kaum nennenswerte Technologie-Unternehmen in diesen Bereichen aufzeigen können. Diesen Fehler dürfen wir nicht wiederholen.

Österreich muss europäisch handeln.

Eine nationale KI-Strategie ist wichtig, um schneller handeln und auf die spezifischen Bedürfnisse, Stärken und Herausforderungen Österreichs eingehen zu können. Um gegen Volkswirtschaften wie jene der USA und China ankommen zu können, braucht es jedoch zusätzlich ein abgestimmtes Vorgehen auf europäischer Ebene. Österreich kann und soll insofern den Ratsvorsitz nutzen, um die Verabschiedung einer europäische KI-Strategie voranzutreiben. Diese kann einen Rahmen für nationale Strategien schaffen, um Ressourcen auf europäischer Ebene zu bündeln.

[1] Für eine Definition und Erläuterung des Begriffs, siehe „Anhang 2“.

[2] Das McKinsey Global Institute kommt etwa in einer Studie vom September 2018 („Modeling the Impact of AI on the World Economy”) zu folgenden Einschätzungen: Rund 70% der Unternehmen werden bis 2030 mindestens eine Arten von KI-Technologien übernehmen; KI hat das Potential bis 2030 eine zusätzliche Wirtschaftsleistung von rund 13 Billionen US Dollar zu schaffen und das globale BIP um etwa 1,2% & pro Jahr zu steigern; Länder, die sich als KI-Führer etablieren könnten im Vergleich zu heute weitere 20 bis 25 Prozent an wirtschaftlichen Vorteilen realisieren.

KI wird unser Leben in allen Bereichen beeinflussen und unsere Gesellschaft nachhaltig verändern. Diese Veränderung wird durch die fortschreitende Digitalisierung und die Einführung anderer neuer Technologien, wie IoT und Robotik, verstärkt. Wenn wir die Zukunft Österreichs gestalten wollen, müssen wir darum die Digitalisierung und neue Technologien, vor allem KI, zu einer Priorität machen. Nur auf diese Weise können wir langfristig Österreichs Wettbewerbsfähigkeit und unseren Wohlstand sichern sowie soziale Gerechtigkeit schaffen.

Die drei Ebenen unserer KI-Strategie:

Um die Chancen zu nützen und die Herausforderungen zu meistern, die mit KI verbunden sind, braucht es Maßnahmen auf drei Ebenen:

Daten:

Daten sind der Treibstoff von KI. Die folgenden Maßnahmen sind insofern nicht nur notwendig, um die Grundlage für alle weiteren Aktivitäten zu schaffen, sie verstärken auch die positiven Wirkungen aller Maßnahmen der anderen Bereiche dieser Strategie. (Beispiel: Je mehr Daten der Forschung zur Verfügung stehen, desto besser die Ergebnisse der Forschung.)

Infrastruktur:

Die (physische) Infrastruktur, die Daten transportiert und nutzbar macht, muss ausgebaut Im Zentrum stehen Breitbandausbau, 5G-Roll-Out und Vorbereitungen auf die breitenwirksame Einführung des IoT.

Datenpolitik:

Die Menge und Qualität verfügbarer Daten muss deutlich gesteigert werden. Es geht hier nicht unbedingt darum neue oder mehr Daten zu erheben. Vielmehr sollen bestehende Datenbestände besser genützt werden. Die öffentliche Verwaltung verfügt beispielsweise über einen riesigen Schatz an (nicht-personenbezogenen) Daten, die – hinreichend anonymisiert[1] und in maschinenlesbarer Form – veröffentlicht werden könnten („Open Government Data“). Auch Forschung und Wirtschaft verfügen über große Mengen an Daten. Diese Datenbestände sind aber stark zersplittert, weil es derzeit, unter anderem, kaum möglich ist Daten zu teilen, ohne einen Wettbewerbsvorteil zu verspielen oder rechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Insofern braucht es rechtliche und technische Rahmenbedingungen sowie Anreize, damit Forschung, Wirtschaft und Verwaltung Daten zusammenführen („poolen“), teilen, handeln und somit gemeinschaftlich nützen.

Privacy & Security:

Unsere Privatsphäre muss nicht nur in der realen Welt, sondern auch im digitalen Raum gesichert Hierfür braucht es gezielte Investitionen in die Forschung an entsprechenden Lösungen, technologische Maßnahmen (z.B. Einführung einer „echten“ digitalen Identität („Self-Sovereign Identity“)[2], sicherheitspolitische Maßnahmen (z.B. Cybersecurity, Schutz kritischer Dateninfrastruktur) und die rechtliche Stärkung der individuellen Datensouveränität (z.B. Weitergabe von (sensiblen) personenbezogenen Daten durch die öffentliche Hand nur in anonymisierter Form).

Menschen:

Einer der größten Herausforderungen für das österreichischen KI-Ökosystem ist der Mangel von Menschen mit einschlägigen Fähigkeiten und Kompetenzen. Dies gilt gleichermaßen für Wirtschaft, Wissenschaft und die öffentliche Verwaltung. Das österreichische Bildungssystem muss zukunftsfit gemacht werden. Gleiches muss bei der beruflichen Ausbildung und der Vorbereitung auf die digitalisierte Arbeitswelt geschehen. Darum braucht es Maßnahmen auf allen Bildungs- und Ausbildungsebenen:

Schule & grundlegende Bildung:

Wir müssen sicherstellen, dass die „digitale Bildung“ unserer Kinder nicht zu einer neuen Version des alten Informatikunterrichts verkommt und spätestens ab der Oberstufe ausgebaut und in ein „anwendungsorientiertes“ Fach[3] (z.B. Computational Thinking, Programmieren, Datenanalyse und Datenmanagement) sowie in „Softskills“ (z.B. Medienkompetenz, Ethik, Präsentation) aufgeteilt wird. Projektarbeit soll verstärkt stattfinden, um Kompetenzen zu fördern, die komplementär zu jenen von Maschinen sind (z.B. Kommunikation, Koordination, Kreativität). Darüber hinaus muss Digitalisierung als „Unterrichtsprinzip“ verankert werden. Um diese Ziele zu erreichen muss Schulen auch ein bestimmtes Maß an technischer Ausstattung zur Verfügung gestellt werden, insbesondere W-Lan, Laptops oder Tablets für Lehrer_Innen und zumindest eine Grundausstattung an Laptops oder Tablets, die von Klassenverbänden gemeinschaftlich genützt werden kann.

Wissenschaft & höhere Bildung:

Grund für den Mangel von Fachkräften im KI- und Data Science-Bereich ist, dass zu wenig Menschen in Österreich entsprechende Bildungswege beschreiten, nicht zuletzt wegen des Fehlens entsprechender Angebote. Darum braucht es Mittel für zusätzliche Studienplätzen im MINT-Bereich, insb. in Informatik. Es braucht auch gezielte Maßnahmen, wie die Einführung spezieller Masterstudiengänge sowie neuer Professuren und Doktoratsstellen im KI-Bereich. Auch entsprechende Wahlfachkörbe sollen ausgebaut und der Zugang zu diesen für möglichst viele Studienrichtungen geöffnet werden. Gleichzeitig könnte die Einführung von eLearning-Kursen (insb. „Massive Open Online Courses“, „MOOCs“) mit KI- und Data Science Schwerpunkt und deren Öffnung und Anrechenbarkeit für alle Studierenden mehr Menschen für KI begeistern und interdisziplinäre Forschung anregen.

Lebensbegleitendes Lernen:

Unsere Arbeitswelt verändert sich schneller als je zuvor und mit ihr auch die Berufsbilder und Anforderungen an Arbeitnehmer_Innen. Lebensbegleitendes Lernen wird immer wichtiger, das ist unbestreitbar. Insofern gilt es, berufsbegleitende Weiterbildungen in den Bereichen KI, Data Science, Robotik (u.a.) an Universitäten und FHs auszubauen. Die Schaffung kostenloser, modularer (Online-)Bildungsprogramme für verschiedene Wissensniveaus und mit ähnlichen Schwerpunkten, könnte eine vielversprechende Ergänzung darstellen. Unterschiedliche Formate (z.B. mehrwöchige Abendkurse, MOOCs) könnten die Flexibilität erhöhen, dadurch Eintrittshürden senken und für eine höhere Skalierbarkeit und mehr Chancengleichheit sorgen.

Anwendungen:

Ziel der ersten beiden Maßnahmenpakete („Daten“ und „Menschen“) ist es, die notwendige Basis zu schaffen, damit KI erforscht und in der Praxis eingesetzt werden kann (z.B. durch Ausbau der nötigen Infrastruktur und Aufbau der nötigen Kompetenzen). Dieses Maßnahmenpaket enthält konkrete Vorschläge, um die optimale Anwendung von KI in Forschung, Wirtschaft, Politik und Verwaltung sicherzustellen.

Forschung:

Forschung ist ein Garant für Innovation. Darum müssen Fördermittel für den KI-Bereich, insbesondere für die Spitzenforschung, mindestens verdoppelt und erfolgreiche thematische Förderprogramme mit KI-Schwerpunkt ausgebaut werden (z.B. die FFG-Programme: IKT der Zukunft und COMET). Zusätzlich könnten neue Förderdesigns getestet werden, die eine Finanzierung vielversprechender Projekte von der Grundlagenforschung bis zur Marktein­führung unterstützen (z.B. unter Einbeziehung der Wirtschaft), um sicherzustellen, dass Forschungsinvestitionen auch wirtschaftlich realisiert werden.

Wirtschaft & Unternehmertum:

Zentral für die langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen sowie der österreichischen Wertschöpfung und Wettbewerbs­fähigkeit ist es, die bestmögliche wirtschaftliche Verwertung und Anwendung von KI. Das erfordert beispielsweise die gezielte Förderung von KI in ausgewählten Sektoren und Branchen, die für die Zukunft Österreichs eine große Rolle spielen werden (z.B. Gesundheit, Ressourcenallokation, Industrie 4.0, Mobilität) sowie den Aufbau entsprechender Ökosysteme. Zusätzlich müssen KMUs – als das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft – bei der Einführung und Anwendung von KI gefördert Um die bestehende Zersplitterung von Wissen, Ressourcen und Kapital aufzulösen, könnten KI-Innovationszentren an Universitäten eingerichtet werden. An diesen physischen Orten könnten Ressourcen (z.B. Daten, Rechenleistung, Algorithmen) gebündelt, Talente ausgebildet, interdisziplinär geforscht und innovative Unternehmen inkubiert werden. Zusätzlich könnten diese Zentren Orte sein, an denen sich Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft austauschen und durch die Österreich in Netzwerke auf übernationaler Ebene (z.B. EU) eingebunden wird. Ergänzend sollte ein digitales Ökosystem (z.B. mit Hilfe einer österreichweiten Cloudlösung) aufgebaut werden, um die österreichweite, gemeinschaftliche Verwendung von Datenbeständen und Algorithmen sicherzustellen.

Politik & Verwaltung:

Eine große Chance bietet KI auch in den besonders sensiblen Bereichen der Politik und öffentlichen Verwaltung. Der Einsatz von KI kann einerseits die Effizienz und Qualität staatlicher Dienstleistungen erhöhen, wodurch Aufwand und Kosten gesenkt und eine schlankere Verwaltung möglich wird. (Angesichts der bevorstehenden Pensionierungswelle im öffentlichen Dienst, wird dies ohnehin passieren müssen.) Andererseits könnten auch politische Entscheidungen durch die Nutzung von KI verbessert und deren Umsetzung effektiver gestaltet werden (z.B. indem Verzögerungen oder unerwünschte Wirkungen früher erkannt und schneller alternative Maßnahmen gefunden werden). Gleichzeitig gilt es die Gefahren von KI zu berücksichtigen (z.B. „Algorithmic Bias“, Intransparenz von Algorithmen, Mängel bei Datenbeständen). Insofern muss die Nutzung von KIs und verwandten Technologien im öffentlichen Bereich einhergehen mit der Einführung von Regeln für das Sammeln, Verwalten und die (Wieder)Verwendung von Daten („Data Governance“) sowie für den Einsatz von Technologien zur Automatisierung und Unterstützung von Entscheidungen („Automated Decision Systems“).

Ethik:

Ethik und Gerechtigkeitserwägungen spielen im Zusammenhang mit KI eine große Rolle, nicht zuletzt, weil uns KI dazu zwingt bestehende Systeme zu überdenken. Auch die neuen Chancen und Möglichkeiten, die uns KI eröffnet, werfen vielen Fragen auf, denen wir uns – als Gesellschaft – noch nicht stellen mussten. Da alle Bereiche einer KI-Strategie ethische Herausforderungen bergen, gibt es kein eigenes Kapitel für ethische Erwägungen. Vielmehr finden sich die entsprechenden Forderungen direkt in den jeweiligen Maßnahmenpaketen. Es ist besonders hervorzuheben, dass ethische Herausforderungen immer im gesellschaftlichen Dialog gelöst werden müssen. Insofern braucht es nicht nur eine offizielle Ethikkommission, die die relevantesten Fragen aufwirft, unter Einbindung der Gesellschaft diskutiert, politische Entscheidungsträger berät und insofern auch Verantwortung für die gerechte Nutzung von KI in Österreich trägt. Daher sollte diese Kommission möglichst interdisziplinär aufgestellt sein, um ein möglichst breites Spektrum an Fragen behandeln zu können.</p<

Zukunft Österreichs:

Die Erarbeitung einer KI-Strategie ist ein wichtiger Schritt auf Österreichs Weg in die Zukunft. KI ist aber nur eine von vielen Herausforderungen, die die Digitalisierung an uns stellt. Auch andere Technologien und Innovationen werden unsere Gesellschaft tiefgreifend verändern und bestehende Systeme in Frage stellen. Eine der wohl größten Herausforderungen wird es das Zusammenspiel von Bildung, Arbeit und sozialer Gerechtigkeit zu gestalten: Arbeit wird sich verändern, neue Berufe werden entstehen und bestimmte Berufe werden wegfallen. Dementsprechend muss sich unser (Aus)Bildungssystem verändern und eine Kultur des lebenslangen Lernens etabliert und gefördert werden. Neue Technologien und sozio-ökonomische Entwicklungen bergen Risiken, etwa die Polarisierung des Arbeitsmarkts, denen frühzeitig entgegengewirkt werden muss. Konsequenter Weise muss auch unser Sozialsystem und die Natur staatlicher Transferleistungen überdacht, reformiert und auf europäischer Ebene abgestimmt werden. Es gibt viele offene Fragen, für die wir gemeinsam Antworten finden müssen, wenn wir die Zukunft Österreichs sichern wollen.

[3] Aktuelle Anonymisierungsmethoden ermöglichen mittlerweile einen hohen Grad an Informationen zu veröffentlichen und gleichzeitig den Datenschutz der Bürger_Innen zu gewährleisten.

[4] Gemeint ist die Einführung einer digitalen Identität, im Sinne des „Self-Sovereign Identity“-Modells („SSI“), die Menschen (mehr) Kontrolle über ihre Daten gibt. Siehe auch Erläuterungen in Anhang 2.

[5] KI-relevante Kompetenzen wie z.B. Datenanalyse und Datenkommunikation bzw. Visualisierung könnten auch im Rahmen anderer Unterrichtsgegenstände, insb. in Mathematik stattfinden. Ein Schritt weg von der ausschließlichen Nutzung von Taschenrechnern und hin zur computer-gestützten Analyse von Daten wäre längst nötig.

Infrastruktur & Datenpolitik

Daten sind die Grundlage von KI. Darum ist es zentral die Menge verfügbarer Datenbestände („Quantität“) und deren Qualität deutlich zu steigern. Das bedeutet einerseits, mehr Daten zu erheben (dies wird durch die fortschreitende Digitalisierung unserer Gesellschaft und die Einführung neuer Technologien, insb. IoT, automatisch geschehen.) Noch wichtiger ist es, bereits bestehende Daten – aus dem öffentlichen und dem privaten Bereich – besser nutzbar zu machen. Grenze dieser Vorhaben ist stets der Schutz die Privatsphäre von Bürger_Innen. Es geht hierbei um mehr als bloßen Datenschutz. Es geht darum, Bürger_Innen Souveränität über ihre Daten und damit über ihre digitale Identität zu geben.

1. Infrastruktur aufbauen (Glasfaser, 5G, IoT & Co)

Allen bisherigen technologiegetriebenen Revolutionen gingen große Infrastrukturinvestitionen voraus (z.B. der Bau von Straßen, Eisenbahn- und Telefonnetzwerken). Dies ist nicht anders im Fall der „4. industriellen Revolution“, in der wir uns gerade befinden. Insofern hat der Auf- und Ausbau moderner Infrastruktur, die insb. Energie und Daten transportiert und damit alle weiteren technologischen Entwicklungen überhaupt erst ermöglicht, höchste Priorität.

Forderungen:

  • Erarbeitung und Verabschiedung einer neuen „Breitbandstrategie“ unter Berücksichtigung der Gründe für die Verzögerungen beim aktuellen Breitbandausbau, sowie die effiziente und schnellstmögliche Umsetzung des Breitbandausbaus in ganz Österreich;
  • Zügige und effektive Umsetzung der 5G-Strategie und des 5G-Roll-Outs;
  • Erarbeitung einer IoT-Roadmap unter Einbindung von Wissenschaft, Wirtschaft, der Länder und Bürger_Innen (insb. Planung des „Roll-Out“, Forschungs- und Wirtschaftsförderungen, Privacy, (Cyber-)Security);
  • den Aufbau von strukturierten Datenmanagement und „-pooling“ Systemen im öffentlichen und privaten Bereich, um „Datasilos“ aufzulösen und die gemeinschaftliche Verwendung von Daten zu ermöglichen [siehe I. 3 & 4.].

Daten erheben („Data collection“)

Täglich produziert Jede/r Unmengen an Daten. Das hat vor allem zwei Gründe:

  • Erstens, immer mehr unserer Aktivitäten verschieben sich von der physischen in die digitale Welt. Mit anderen Worten: Wir verbringen immer mehr Zeit im Internet, ein Trend, der durch Smartphones verstärkt wurde.
  • Zweitens, es werden immer mehr Dinge des täglichen Lebens mit Sensoren (z.B. Kameras) und „künstlicher Intelligenz“ (z.B. „machine vision“) ausgestattet und mit einander vernetzt („IoT“). Das führt dazu, dass sogar die physische Welt Schritt für Schritt digitalisiert wird.

Auch die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung führt zu einem Anstieg an potentiell verfügbaren Daten und zwar sowohl an Daten über Bürger_Innen („personenbezogene Daten“), als auch an nicht-personenbezogenen Daten (z.B. Verkehrsdaten). Vor allem letztere könnten in den meisten Fällen schnell und unkompliziert zum Wohle unserer Gesellschaft genützt werden.

Forderungen:

  • Erarbeitung von Plänen, samt Wirkungsfolgenabschätzung, durch öffentliche Einrichtungen (insb. Ministerien, nachgelagerte Dienststellen), die darlegen, welche Daten künftig auf welche Art und Weise gesammelt werden sollen, um insb. politische Entscheidungsprozesse [siehe IV.] und (unternehmerische) Innovation zu unterstützen (z.B. via „Open Data“) [siehe I. 3]. Dies vor allem in Anbetracht der Einführung des IoT in den nächsten fünf bis zehn Jahren. [siehe I. 1.]

3.   Daten öffnen („Open Data“)

Die öffentliche Verwaltung verfügt bereits über viele Datenbestände, deren Veröffentlichung im Interesse der Allgemeinheit wäre und die unsere Gesellschaft in vielerlei Hinsicht voranbringen könnte. „Open Data“ schafft aber nicht nur mehr Transparenz und kann so das Vertrauen in die Politik steigern. Vielmehr geht es darum, jeder/m BürgerIn, Unternehmen, gemeinnützigen Organisation und der Politik, dabei zu helfen, Daten zu nützen, um bessere Entscheidungen zu treffen und neue Innovationen zu schaffen. Zum Teil werden Datenbestände von Verwaltung bereits veröffentlicht. Eines der größten Probleme von bestehenden „Open Data Portalen“ ist aber, dass diese zu „kleingliedrig“ und deshalb in der Praxis nur sehr begrenzt nutzbar sind. Es müssten große Datenbestände auf nationaler Ebene in ausreichendem detailgrad und grundsätzlich vollständig verfügbar gemacht werden. Durch die Verwendung aktueller Anonymisierungsmethoden könnte nicht nur ein hoher Grad an Informationen veröffentlicht werden, sondern auch der Datenschutz von Bürger_Innen sichergestellt werden. [siehe auch I. 5.] Wenn wir also von „Open Data“ sprechen, fordern wir vor allem nicht-personenbezogene (bzw. datenschutzrechtliche unbedenkliche) Daten der Verwaltung ohne Einschränkung zur freien Nutzung, Verbreitung und Weiterverwendung für Alle zugänglich zu machen. Ein Beispiel wäre etwa die Veröffentlichung aller Verkehrsdaten.

Forderungen:

  • Evaluierung bestehender Datenbestände in öffentlicher Hand, im Hinblick auf deren wirtschaftliche, soziale (und sonstige) Relevanz, Wertigkeit und weitere Nutzbarkeit („Wirkungsabschätzung“) – im Anschluss an den OGD-Bericht 2017[1];
  • Erstellung eines holistischen „Open Data“-Plans zur Veröffentlichung von Daten sowie zur Einbindung nachgeordneter und ausgegliederter Dienststellen und der großen Register;
  • Einführung und Ausbau begleitender Schulungsmaßnahmen für Mitarbeiter_Innen im öffentlichen Dienst (insb. jener Mitarbeiter_Innen, die Daten bewerten, veröffentlichen bzw. weitergeben);
  • Veröffentlichung von Daten der Verwaltung in maschinenlesbarer Form und unter einer „Open-Source-Lizenz“, die deren freie Verwendung (auch zu kommerziellen Zwecken) zulässt – gemäß Wirkungsabschätzung und „Open Data“-Plan [siehe obige Punkte];
  • Maßnahmen, um die Veröffentlichung von Daten besser an die Bedürfnisse potentieller Datennutzer_Innen (z.B. KMUs, Forschungs­einrichtungen) anzupassen (z.B. Schaffung einer Plattform bzw. von Veranstaltungen zum Austausch) [siehe auch III. 4.];
  • Förderung des freien Zugangs zu wissenschaftlicher Literatur und anderen bildungsrelevanten Inhalten im Internet („Open Access“; z.B. durch Aufnahme entsprechender Verpflichtung in die Leistungsvereinbarungen mit Universitäten, durch die Verabschiedung verpflichtender „Open Research Data Policies“);
  • Abschaffung des Amtsgeheimnisses und Einführung eines TransparenzG sowie von unabhängigen Informationsfreiheits­beauftragten.

Data teilen & handeln (”Data Sharing & Markets”)

Daten sind das neue Öl, sie sind in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Elemente des Wirtschaftslebens geworden. Wer die meisten bzw. die richtigen Daten hat, hat einen großen Vorteil gegenüber allen anderen. Nicht umsonst basieren die Geschäftsmodelle der erfolgreichsten Tech-Unternehmen unserer Zeit (z.B. Google, Facebook, Amazon) auf dieser Logik. Trotzdem gibt es weder auf nationaler, noch auf globaler Ebene einen geregelten Raum, in dem Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Bürger_Innen Daten teilen oder handeln können. Das ist ein großes Problem. Wenn wir uns gegen größere Volkswirtschaften durchsetzen wollen, braucht Österreich (bzw. Europa) Unmengen an Daten. Diese Daten sind zwar bereits vorhanden, sie sind jedoch stark zersplittert, wodurch es viele Akteure mit kleinen, voneinander getrennten Datenbeständen gibt. Darum ist Menge an Daten, die einzelnen Forscher_Innen und Unternehmer_Innen zur Verfügung steht verhältnismäßig klein. Der Ausweg ist, diese Zersplitterung aufzulösen und Daten für möglichst viele Akteure nutzbar zu machen. Mit anderen Worten: Daten müssen in einem geregelten Raum geteilt und gehandelt werden können. Die Schaffung solcher sicheren Räume für den Austausch von Daten hat einen weiteren Vorteil, sie können das aktuelle Modell, das eher einem Schwarzmarkt gleicht – auf dem verschiedene Akteure Daten über Jede/n von uns verkaufen, ohne, dass wir davon wissen oder etwas dagegen tun können – ablösen und so mehr Transparenz und Freiheit für Alle schaffen kann.

Forderungen:

  • Veranstaltung von sektorspezifischen Stakeholdergruppen, um – faktische, wirtschaftliche und rechtliche – Barrieren für die gemeinschaftliche Nutzung und den Handel von Daten durch verschiedene Akteure des öffentlichen und privaten Bereichs zu ermitteln;
  • Schaffung von Rahmenbedingungen für einen sicheren und fairen Datenaustausch und die gemeinschaftliche Nutzung von Datenbeständen durch verschiedene Akteure des öffentlichen und privaten Bereichs (z.B. „Data Trusts“[2] oder Aufbau eines österreichischen & europäischen Datenmarktes);
  • Schaffung von Anreizen für das „poolen“ (industrierelevanter) Daten im öffentlichen und privaten Bereich;
  • Evaluierung bestehender und Erlassung neuer Gesetze – in Abstimmung mit der Forschung und Wirtschaft – um die vorgeschlagenen Lösungen zur Bündelung bestehender Ressourcen, insb. von Daten, (z.B. „Data Trusts“, Datenmärkte) zu ermöglichen und Rechtssicherheit zu schaffen (z.B. Klärung von Rechtsfragen bzgl. Besitz und Eigentum an Daten).

5. Privatsphäre & Datensouveränität sicherstellen („Privacy“ & „Security“)

Je mehr Daten über jede/n von uns gesammelt werden, desto gläserner werden wir. Um so wichtiger ist, nicht nur die Privatsphäre von Bürger_Innen zu schützen und zu respektieren, sondern ihnen endlich Kontrolle über ihre Daten zu geben. Der vielversprechendste Weg hierfür ist die Schaffung bestimmter digitaler Identitäten („Self-Sovereign Identity“) und entsprechender rechtlicher und technologischer Rahmenbedingungen.

Forderungen:

  • Einführung einer „echten“ digitalen Identität („Self-Sovereign Identity“)[3], die Bürger_Innen volle Kontrolle und Souveränität über Ihre Daten gibt („Self-Sovereign Identity“) unter Einbeziehung der Länder;
  • Einführung von „Public Private Partnerships“,[4] um die möglichst breite Einführung einer solchen „echten“ digitalen Identität in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen zu fördern;
  • (finanzielle) Förderung der Forschung an Technologien, die die Privatsphäre und Anonymität von Bürger_Innen im digitalen Zeitalter sicherstellt, ohne neue Technologien, wie KI, nennenswert zu schwächen (z.B. Anwendung von KI auf Basis anonymisierter Datensätze);
  • Veröffentlichung und Weitergabe von (sensiblen) personenbezogenen Daten nur in einer Form, die tatsächlich die Privatsphäre aller Bürger_Innen schützt (d.h. grundsätzlich in anonymisierter – und nicht bloß pseudonymisierter – Form);
  • sichere und dezentralisierte Speicherung von sensiblen und personenbezogenen Daten im Inland;
  • Schnellstmögliche Umsetzung der – bereits säumigen – NIS-Richtlinie[5] (bis spätestens Ende 2018);
  • Verbesserungen der und ggf. Investitionen in die österreichische (Cyber-)Security, den umfassenden – physischen und digitalen – Schutz kritischer und zukunftsträchtiger Infrastrukturen sicherzustellen (insb. in Anbetracht der Einführung des IoT, z.B. Problematik der physischen Angreifbarkeit bei dezentralisierter und lokaler Datenverarbeitung („mobile edge“)).

[5] Mit dieser Richtlinie soll EU-weit ein hohes Sicherheitsniveau der Netz- und Informationssysteme erreicht werden. Siehe z.B. auch: https://www.cert.at/reports/report_2016_chap04/content.html.

[6] Abrufbar unter: https://www.data.gv.at/katalog/dataset/ogdscreening2017.

[7] Mehr Informationen zu “Data Trusts” finden sich z.B. unter: https://theodi.org/article/what-is-a-data-trust.

[8] Siehe Fußnote 2 oder Anhang 2.

[9] Siehe Anhang 2.

Bildung, Wissenschaft & Talenteentwicklung

Der erste Punkt, der von Unternehmer_Innen und Forscher_Innen in den Bereichen KI und Data Science angesprochen wird, ist meist der Personalmangel. Im österreichischen Bildungssystem werden innovative Bildungskonzepte und -inhalte zu wenig gefördert. Die fortschreitende Digitalisierung und neueste technologische Entwicklungen verändern nicht nur das Zusammenleben in unserer Gesellschaft, sie stellen auch neue Anforderungen an das Bildungssystem und die Arbeitswelt. Unser Bildungssystem muss Kinder und Jugendliche nicht nur zu mündigen, selbstbewussten und demokratischen Bürger_innen machen, sondern auch neue Kompetenzen und Fähigkeiten fördern, um vor allem jungen Menschen die Werkzeuge zu geben, die sie für ein späteres erfolgreiches Berufsleben benötigen.

1. Schule (1. & 2. Sekundarstufe)

Bereits im Volksschulalter benutzen Kinder digitale Medien. Laut „SaferInternet“ haben am Ende der Volksschule sogar bereits mehr als die Hälfte der Kinder ein eigenes Gerät mit Internetzugang (insb. Smartphone).[1] Die digitale Grundbildung, etwa der verantwortungsvolle Umgang mit digitalen Geräten und Medien, spielt eine wichtige Rolle. Durch einen spielerischen Zugang sollen die Kinder und Jugendlichen ab der Sekundarstufe I Einblicke für Zukunftsthemen, wie KI, begeistert werden.

Forderungen:

  • Laufende Evaluierung und Weiterentwicklung des neuen Unterrichtsgegenstandes „digitale Bildung“ in der Unterstufe sowie Veröffentlichung der Ergebnisse, damit dieses Fach nicht ein ähnliches Schicksal ereilt, wie seinerzeit der Informatikunterricht;
  • Trennung des Fachs „digitale Grundbildung“ in ein Fach mit anwendungsorientierten Inhalten (Computational Thinking, Programmieren, Datenanalyse, Datenmanagement, u.a.) und eines mit „softeren“ Inhalten (Medienbildung, Ethik, Präsentation u.a.);
  • Festlegung von Digitalisierung als „Unterrichtsprinzip“ (d.h. Orientierung der Inhalte, Unterrichtsmethoden und -werkzeuge an den Möglichkeiten der digitalisierten Welt, z.B. Nutzung digitaler Tools im Unterricht, Bezugnahme auf Algorithmen und KI im Mathematikunterricht) sowie Ausbau des Projektunterrichts;
  • Erweiterung der vertiefenden Kompetenzen in den Bereichen KI, Data Science und Robotik an berufsbildenden Schulen (insb. HTLs);
  • Stärkere Einbindung von externen Expert_Innen und „Professionals“ in den schulischen Bildungsbereich (z.B. via Förderung bestehender Initiativen oder durch deren Einbeziehung in das Verfassen von Schulbüchern);
  • Ausstattung aller Schulen mit moderner Infrastruktur bis 2020 (insb. flächendeckender Zugang zu W-Lan, Ausstattung des Lehrpersonals mit Computern oder Tablets sowie (zumindest) Einführung einer Grundausstattung von Computern oder Tablets pro Jahrgang);
  • Ausbau von Maßnahmen, um junge Talente – insb. Mädchen – für MINT-Fächer (insb. Informatik) zu begeistern;
  • Definition und Förderung von Pilotprojekten zum Einsatz von KI im schulischen Bildungsbereich (z.B. digitale Anwendungen zur Realisierung von individualisiertem Unterricht);

Universitäten & FHs

Universitäten & FHs sind in der Regel die Ausbildungsstätten für KI-Talente, weshalb der höheren Bildung im KI-Bereich eine besonders wichtige Rolle zukommt. Eine der größten Herausforderungen für Universitäten ist aber nicht nur die Ausbildung, sondern auch das Halten talentierter Forscher_Innen. Unis können nämlich meist nicht mit den hohen Gehältern und attraktiven Rahmenbedingungen der Privatwirtschaft mithalten. Wir können aber von Erfolgsgeschichten, wie der JKU, lernen und in Zukunft entschlossener und mutiger Vorgehen, um Universitäten und FHs attraktiver zu machen. Wenn wir die besten KI-Talente für unsere Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft wollen, müssen wir auch die besten Rahmen­bedingungen schaffen.

Forderungen:

  • Schaffung zusätzlicher Studienplätze in MINT-Fächern (insb. Informatik) an überlaufenen Studieneinrichtungen und/oder Setzen von Maßnahmen zur besseren Aufteilung der Studierenden auf ganz Österreich (z.B. automatische Zuteilung entsprechender Studienplätze an Universitäten mit Bewerber_Innenmangel für abgelehnte Studierende);
  • Einführung spezieller Master-Studiengängen in den Bereichen KI und Data Science (mit hoher „Durchlässigkeit“ von Studierenden aus verschiedensten Fachbereichen, um Interdisziplinarität zu fördern);
  • Schaffung neuer Professuren, Postdoc-Stellen und Doktoratsplätzen im KI- und Data Science-Bereich;
  • Einführung eines „AI-Fellowship“-Programms, um junge Talente aus dem Ausland so früh wie möglich (z.B. während des Bachelorstudiums) anzuwerben;
  • Schaffung neuer bzw. zusätzlicher Wahlfachkörbe mit KI- und Data Science-Schwerpunkten in diversen – technischen und nicht-technischen – Studienrichtungen;
  • Einführung von Kursen, die die Auswirkungen der Digitalisierung und neuer Technologien (insb. von KI) auf die Gesellschaft behandeln (insb. Ethik) im Rahmen von technischen Studienfächern an Universitäten und FHs;
  • Aufbau von „MOOCs“ im KI- und Data Science-Bereich, damit entsprechende Bildungsinhalte möglichst allen Studierenden zur Verfügung stehen sowie deren Anrechenbarkeit im Studium;[3]
  • Ausbau von Maßnahmen zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft (z.B. Laura Bassi Initiative; Änderung der Anforderungen für ausgewählte Studien, um ansprechender für beide Geschlechter zu sein, nach dem Vorbild der „Carnegie Mellon University“);
  • Aktive Unterstützung des ÖAW bei Einführung eines Instituts im Bereich „künstliche Intelligenz“, (insb. Zusicherung der nötigen finanziellen Mittel);
  • Schaffung einheitlicher Standards für Zertifizierungen (z.B. via ECDL-Foundation) und Weiterentwicklung der Anerkennung von Bildungsabschlüssen aus dem Ausland;
  • Gründung von KI-Innovationszentren an Universitäten [siehe III. 4.], als „Exzellenzzentren“ mit besonders attraktiven Arbeitsbedingungen (insb. im Hinblick auf die Befristung von Verträgen, Höhe der Gehälter, Unterstützung bei administrativen Aufwänden, Steigerung der Autonomie innerhalb der Forschungsschwerpunkte)

Lebenslanges Lernen

KI wird einen Beitrag dazu leisten, dass einige Berufe wegfallen und neue Berufe entstehen werden. In jedem Fall werden sich Berufsbilder und Anforderungen an Arbeitnehmer_Innen ändern und KI bzw. die Nutzung von Daten wird in vielen Berufen eine immer größere Rolle spielen. [siehe auch V.] Damit Arbeitnehmer_Innen mit diesen neuen Veränderungen Schritt halten können, braucht es passenden Fortbildungsangebote und die Möglichkeit diese wahrzunehmen. Nur wenn wir alle Österreicher_Innen auf den Arbeitsmarkt der Zukunft vorbereiten, können wir sicherstellen, dass möglichst viele Menschen von KI und anderen technologischen Entwicklungen profitieren.

Forderungen:

  • die Schaffung von modularen (Online-)Bildungsprogrammen, die „digitale Fähigkeiten“ auf verschiedenen Ebenen vermitteln sollen: von Grundkenntnissen (z.B. zu Web, Cloud, Mobile) bis zu erweiterten Kenntnissen (z.B. Data Analytics, -Science, -Architecture) sowie Wissen zur Anwendung von KI und verwandten Technologien (z.B. in Form von MOOCs über die geplante „Austrian Digital Academy“, AMS-Kurse)
  • Schaffung berufsbegleitender Weiterbildungen in den Bereichen KI, Data Science, Robotik (u.a.) an Universitäten und FHs sowie der Ausbau entsprechender Programme (Errichtung von „Robotikzentren“ außerhalb Oberösterreichs);

[1] Abrufbar unter: https://www.saferinternet.at/presse-detail/saferinternetat-studie-digitaler-familienalltag-im-volksschulalter-eltern-verunsichert.

[2]Die meisten Empfehlngen, die Universitäten und FHs betreffen, verstehen sich als Aufforderungen zur Umsetzung im Rahmen der Leistungsvereinbarungen mit den entsprechenden Bildungseinrichtungen.

[3]Die Universität Helsinki bietet etwa bereits hochwertige und kostenlose Online Kurse zu KI an, die sich Studierende sogar anrechnen lassen können. Diese Kurse zählen übrigens auch zu den populärsten der Universität. Siehe auch: https://www.elementsofai.com.

Forschung, Wirtschaft & Unternehmertum

KI ist eine der zukunftsträchtigsten Technologien unserer Zeit. Aufgrund der Neuheit und Dynamik dieser Technologie, befindet sich die Wirtschaft jedoch noch in einem Abschnitt, in dem (bestenfalls) die grundlegenden Chancen und Vorteile von KI erkannt wurden. Die konkreten Anwendungsfälle, in denen diese Technologie am meisten Mehrwert schafft sowie die Auswirkungen auf die Organisationsstrukturen, Geschäftsmodelle – bzw. auf Arbeit generell – sind meist weder geklärt, noch erprobt. Noch komplexer wird es, wenn man bedenkt, welche Möglichkeiten sich durch die Kombination von KI mit IoT und Robotik für die österreichische Wirtschaft auftun. Insofern geht es nicht nur darum innovative „Start Ups“ zu fördern. Wichtiger ist es, Unternehmen unterschiedlicher Größen und Branchen dabei zu helfen, die richtigen Anwendungsfälle für diese neuen Technologien zu finden. Nur so werden KI und ihre Vorteile in der gesamten Wirtschaft ankommen.

1. Förderung der Spitzenforschung an KI, IoT & Robotik

Spitzenforschung bringt nicht nur neue Innovationen hervor, die langfristig positive Auswirkungen auf die österreichische Wirtschaft haben. Vielmehr zieht sie auch talentierte Forscher_Innen (aus dem Ausland) an und verhindert deren Abwandern, was wiederum das österreichische Ökosystem insgesamt beflügelt. Je größer die Forscher_Innen-Community, desto mehr junge Talente können ausgebildet werden und desto interessanter wird der Standort auch für Unternehmen und Investoren mit KI-Fokus. Insofern ist klar, dass die Förderung der Spitzenforschung – die es in diesem Bereich durchaus in Österreich gibt – einen hohen Stellenwert einnehmen muss. Auch im Hinblick auf laufende, vielversprechende Projekte mit KI-Schwerpunkten, gilt es sicherzustellen, dass diese Projekte nicht vor der Markteinführung eingestellt werden, sondern in der Wirtschaft ankommen (z.B. Datamarket.at) [siehe auch I. 4.]</p.

Forderungen:

  • Mindestens eine Verdoppelung der Fördermittel im KI-Bereich, vor allem für die Forschung, auf 75 Mio. jährlich[1] sowie eine Aufstockung entsprechender Fördermittel für die Bereiche IoT und Robotik;
  • Aufstockung der Mittel des FWF sowie der Universitäten und FHs zur direkten Förderung der Spitzenforschung im KI-Bereich;
  • Weiterführung erfolgreicher thematischer Förderprogramme mit KI-Schwerpunkten auch in der anwendungsorientierten Forschung (z.B. die FFG-Programme: IKT der Zukunft, COMET-Programm);
  • Festlegung von Prinzipien ethischer Forschung („RRI“) und deren Verankerung in thematischen Ausschreibungen [siehe etwa Vorschlag eines „Verhaltenskodex“ in III. 2.];
  • Maßnahmen, um die wirtschaftliche Verwendung erfolgreicher Forschungsprojekte im KI-Bereich (inkl. Master- und Doktorarbeiten) zu erhöhen (z.B. „Matching“ mit Unternehmen und/oder Absolvent_Innen verschiedener Studienrichtungen zur Gründung von „Spinn-Offs“) [siehe auch „KI-Innovationszentren“ in III. 4.];

2. Förderung der Anwendung von KI, IoT & Robotik & Aufbau von Innovations-Ökosystemen in ausgewählten Sektoren & Branchen

KI, IoT und Robotik sind drei Schlüsseltechnologien der 4. industriellen Revolution. Die Schaffung moderner Roboter, deren Vernetzung und Ausstattung mit zahlreichen Sensoren sowie mit KI wird drastische Produktivitätsgewinne in diversen Sektoren durch Automatisierung ermöglichen.

Die erfolgreiche Einführung dieser neuen Technologien ist zweifelslos eine der größten Herausforderungen, die die Digitalisierung an Unternehmen stellt, nicht zuletzt aufgrund der weitrechenden Auswirkungen auf bestehende Organisationsstrukturen, Arbeitsprozesse und Geschäftsmodelle (u.a.). Trotz aller Herausforderungen gibt es keinen Weg an KI, IoT und Robotik vorbei, wenn man den – immer größer werdenden – globalen Wettbewerb bedenkt, dem sich die österreichische Wirtschaft stellen muss. Was es darum braucht, ist die Förderung solcher technologischen Innovationen, durch die (finanzielle) Unterstützung experimenteller Anwendungen, Know-How Austausch und den Aufbau von Innovationsökosystemen in jenen Branchen und Sektoren, die langfristig entweder große gesellschaftliche Herausforderungen bergen werden oder von großer wirtschaftlicher Bedeutung für Österreich sind. Folgende Sektoren scheinen besonders vielversprechend:

  • Gesundheit & Pflege: Der demographische Wandel ist zweifellos eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen, denen Österreich sich in den nächsten zehn bis 20 Jahren stellen muss. Pensionen und Krankenfälle sind bereits heute mit Abstand die größten Ausgabenposten im österreichischen Budget. Die weitere Überalterung der Gesellschaft wird diese Kosten noch deutlich in die Höhe treiben. KI passt auch thematisch hervorragend zum Gesundheitsbereich, wenn man die Möglichkeiten zur frühen Erkennung von Krankheiten oder an die Entwicklung neuer Medikamente und Heilmethoden mit Hilfe von KI denkt. Ähnliche Chancen gibt es im Bereich der Telemedizin, der Pflege (uU in Kombination mit Robotik) und bei der Digitalisierung und Optimierung von Prozessen im Bereich der Krankenanstalten.
  • Smarte Infrastruktur & Ressourcenallokation: Im Zusammenhang mit der Einführung von IoT bietet KI große Chancen zur drastischen Effizienzsteigerung der Verteilung von Ressourcen. Diese Effizienzsteigerung verringert nicht nur sektorübergreifend Kosten, sondern hat auch positive Auswirkungen auf die Umwelt. Mit anderen Worten: „Smarte Infrastruktur“ kann das Leben in Österreich billiger und ökologisch nachhaltiger machen. „Smart Cities“ werden beispielsweise das Funktionieren von Österreichs Großstädten deutlich effizienter machen, wodurch Verwaltungskosten gespart und die Umwelt geschont wird. Ähnliche Folgen hätte die Förderung von „Smart Grids“ und die rasche Umsetzung des „Smart Meter“ Roll-Outs. Mit diesen könnte der Anteil nachhaltiger Energien am österreichischen Energiemarkt deutlich gesteigert werden, was wiederum gut für die Umwelt ist. Außerdem würde Österreich dadurch unabhängiger von Erdöl- und Erdgasexporteuren wie Russland und könnte Milliarden an Energiekosten sparen.
  • Industrie (4.0): Aufgrund der bereits bestehenden Erfahrung im Umgang mit der Analyse und Nutzung von Daten, der vielfältigen Potentiale – z.B. Produktivitäts- und Qualitätssteigerung -, die für den industriellen Bereich aus der kombinierten Anwendung von IoT, Robotik und KI entstehen und der zentralen Bedeutung von „Autozulieferern“, der Metall- und der chemischen Industrie für die österreichische Außenwirtschaft, erscheint die gezielte Förderung dieser Technologien im industriellen Kontext wichtig.
  • Mobilität: KI wird Mobilität in den nächsten Jahren und Jahrzehnten tiefgreifend verändern, dies nicht zuletzt wegen der Entwicklung autonomer Fahrzeuge. Die Tatsache, dass Autos, LKWs und öffentliche Verkehrsmittel nicht mehr von Menschen gefahren werden müssen, wird tiefgreifende Auswirkungen auf unser Leben haben (z.B. mehr Sicherheit, Steigerung der Produktivität, ökologische Nachhaltigkeit, andere Nutzungsmöglichkeiten öffentlicher Flächen). Neben der Förderung von Forschung und Wirtschaft, gilt es in diesem Bereich jedoch besonders auch rechtliche und ethische Fragen zu klären (z.B. Verantwortlichkeit bei Unfällen).

Forderungen:

  • Evaluierung in welchen Sektoren und Branchen KI-Investitionen langfristig den größten Mehrwert für Österreich schaffen;
  • Einführung und/oder Weiterentwicklung von Fördersystemen für die marktnahe Forschung und Anwendung von KI, IoT und Robotik in den drei bis fünf vielversprechendsten Sektoren und Branchen [gemäß dem obigen Punkt];
  • Aufbau von Innovationsökosystemen zwecks Austausch von Know-How, der Förderung von (intersektoralen) Kooperationen, der Sichtbarmachung bestehender Initiativen und Projekte[2] sowie gemeinschaftlicher Nutzung von Datenbeständen (u.a). [siehe I. 4. sowie KI-Innovationszentren III. 4];
  • Gründung einer „Taskforce“ oder Betrauung einer bestehenden Einrichtung mit der Umsetzung der obigen Forderungen (d.h. strategischen Steuerung der KI-Förderlandschaft, Aufbau von Innovationsökosystemen, Koordinierung der intersektoralen Zusammenarbeit, um KI besser nutzbar zu machen);
  • Einführung eines „Verhaltenskodex“ („Code of Conduct“)[3] für den verantwortlichen Umgang mit KI – für sowohl Forschung, als auch für die Anwendung im Wirtschaftsleben – sowie Gründung eines Komitees, dass die Einhaltung dieses Verhaltenskodex prüft und bei Verstößen Strafen vollziehen kann;
  • Schaffung eines Rechtsrahmens zur Klärung der Verantwortlichkeit bei Anwendung von KI (insb. Schadenersatzrecht);
  • Prüfung von verpflichtenden Wirkungsfolgenabschätzungen (analog zu „Privacy Impact Assessments“ der DSGVO) für KI-Anwendungen, um diskriminierende Auswirkungen solcher Technologien abzufedern (insb. „Algorithmic bias“);

3. Unterstützung von KMUs & regionale Entwicklung

KMUs sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. Um die österreichische Wirtschaft nachhaltig weiterzuentwickeln und ins digitale Zeitalter zu bringen ist es zentral, dass die Vorteile von KI – insb. die Steigerung der Produktivität durch Automatisierung und bessere Datenanalysen – auch bei kleineren Unternehmen sowie in der Peripherie ankommen. Dafür wird es teilweise nötig sein, „digitale Grundkenntnisse“ zu vermitteln (z.B. Anwendung und Vorteile von Web, Cloud, Mobile, Data Analytics), um die Basis für die Anwendung von KI in diesen Betrieben zu schaffen. Für jene Unternehmen, die bereits entsprechende „Kerntechnologien“ verwenden und vor allem Erfahrung in der Nutzung von Daten haben, werden aufbauende Fortbildungsprogramme relevant sowie die Möglichkeit KI-Tools in praxisnahem Umfeld auszuprobieren ohne große Risiken eingehen und Investitionen tätigen zu müssen.

Forderungen:

  • die Schaffung von auf KMUs zugeschnittenen Bildungsprogrammen (z.B. MOOCs über die geplante „Austrian Digital Academy“; via „KMU digital“ Webinaren; via Programmen nach dem Vorbild von „Fit 4 4“), die Wissen zur Einführung und Anwendung von Data Science, KI und verwandten Technologien vermitteln, inklusive der dafür nötigen „digitalen Grundkenntnisse“ (z.B. zu Web, Cloud, Mobile, Data Analytics) [siehe II. 3];
  • die Erweiterung des „KMU digital“-Programms (oder die Schaffung eines eigenen Förderprogramms), mit dem Ziel KMUs Zugang zu KI-Know-How, Daten von privaten und öffentlichen Anbietern [siehe I. 3 & 4., III. 4.] sowie anderen Ressourcen (z.B. Rechenleistung, Software und Algorithmen) zu ermöglichen, um Ihre Services und Geschäftsmodelle an die Anforderungen des digitalen Zeitalters anzupassen (z.B. in Form von „KI-Checks“, die von ausgewählten Stellen auf Antrag vergeben werden);
  • das Setzen von Anreizen, um KMUs und Studierende zusammenzubringen und letztere zu motivieren, die digitale Transformation von KMUs mit entsprechenden Forschungsprojekten und Master- und Doktoratsarbeiten zu unterstützen.

4. KI – Innovationszentren und -Ökosysteme

Universitäten sind einer der wichtigsten Räume für das Entstehen von Innovationen. KI ist hier keine Ausnahme. Außerdem sind Universitäten und FHs die Orte, an denen viele Arbeitskräfte der Zukunft ausgebildet werden. KI und Data Science müssen also zweifelsfrei eine größere Rolle in der österreichischen Wissenschaft und höheren Bildung spielen [siehe auch II. 2.]. Damit sind Universitäten und FHs auch ein interessanter Ort, um KI-Ökosysteme aufzubauen, die Synergien aus Wissenschaft und Wirtschaft zu bündeln und diese optimal zu fördern.

Forderungen:</4>

  • Schaffung physischer „KI-Innovationszentren“ an Universitäten, die folgende Rollen haben sollen: „KI-Innovationszentren“ und einem österreichischen „digitalen KI-Ökosystem“ zu verbinden.

5. Evaluierung aktueller Aufenthaltstitel für KI-Expert_Innen aus Drittstaaten

Derzeit gibt es sowohl via Rot-Weiß-Rot-Karte, als auch via Mangelberufsliste die Möglichkeit für Expert_Innen im KI-Bereich einen Aufenthaltstitel in Österreich (zu Arbeitszwecken) zu bekommen. In Anbetracht der geringen Anzahl von Rot-Weiß-Rot-Karten, die in den letzten Jahren vergeben wurden sowie der Neuheit der Aufnahmen von „Techniker_Innen mit höherer Ausbildung (Ing.) für Datenverarbeitung“ in die Mangelberufsliste, ist laufend zu evaluieren, ob entsprechende Instrumente von hochqualifizierten ausländischen Arbeitskräften im KI- und Data Science Bereich genutzt werden.

Forderungen:

  • Laufende Evaluierung aller Instrumente, die Arbeitskräften im KI-Bereich den Zugang zu Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen erleichtern sollen (insb. Rot-Weiß-Rot-Karte und Mangelberufsliste) sowie ggf. deren Erweiterung; [siehe auch AI-Fellowships für den universitären Bereich, II. 2.]

[1] Frankreich plant etwa 1,5 Mrd. EUR bis 2022 in den KI-Bereich zu investieren. Siehe auch https://www.aiforhumanity.fr/en.

[2] Laut dem Projektbericht „Robotik in Österreich; Kurzstudie – Entwicklungsperspektiven und politische Herausforderungen“ des ITA besteht einer „der größte Nachholbedarfe, den die Mehrheit der Expert_Innen genannt hat, […] in der fehlenden Vernetzung bzw. Bündelung der Institute, Firmen, Ideen und Innovationen, die es bereits gibt. Es gibt, so der Tenor, viele kleine, aber gute Aktivitäten, allerdings sind diese nur lokal sichtbar, es bräuchte eine Art „Leuchtturm“, der auch international und nachhaltig sichtbar und bekannt ist.“

[3]In Kalifornien wurden am 30. August 2018 z.B. 23 Prinzipien zur Entwicklung von KI beschlossen („Asilomar AI Principles“); abrufbar unter: http://leginfo.legislature.ca.gov/faces/billTextClient.xhtml?bill_id=201720180ACR215.

Politik & Verwaltung

Aktuell werden zu wenige politische Entscheidungen auf der Basis von Daten getroffen (z.B. im Forschungs-, Technologie- & Innovationsbereich) und auch die Verwaltung profitiert noch zu wenig von den Möglichkeiten neuer, datengetriebener Technologien. Das liegt u.a. daran, dass (viele) öffentliche Einrichtungen Ihre Organisationsstrukturen und Prozesse noch nicht auf die digitale Welt des 21. Jahrhunderts abgestimmt haben und bestehende Gesetze (z.B. Amtsgeheimnis) sowie veraltete Infrastruktur dies erschweren. Drüber hinaus werden in den nächsten elf Jahren – bis 2029 – rund 48% des Personals, aufgrund von Pensionierungen aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden.[1] Laut verschiedenen Medienberichten im Februar 2018, soll überdies nur jede dritte Stelle die im öffentlichen Dienst frei wird, nachbesetzt werden. Es ist also ein enormer Produktivitätsdruck auf die öffentliche Verwaltung zu erwarten. Eine mögliche Lösung ist die strategische Einführung von „robotic process automations“ („RPAs“) sowie „automated decision systems“ („ADS“) und KIs.

1. Transformation der öffentlichen Verwaltung

Der öffentliche Sektor verfügt über Unmengen an Daten, in denen großes Potential schlummert, die aber meist ungenützt bleiben. Sieht man sich den politischen Prozess an, fällt auf, dass „Big Data“ und KI auf jeder Ebene großes Potential haben:

  • „Agenda-Setting“ & Formulierung von Regelungen: Verbesserung der Effizienz sowie Präzision („accuracy“); Beschleunigung des Prozesses (u.a. durch Ersetzen bestehender Instrumente wie Umfragen); besseres Verständnis von gesellschaftlichen Problemen und der Bedürfnisse der Bürger_Innen (z.B. durch Analyse einer größeren Anzahl von Daten); Vermeidung von nicht intendierten Wirkungen politischer Maßnahmen (z.B. durch Analyse verschiedener Szenarien); Erleichterung der Identifizierung potentieller Partner_Innen für die Umsetzung politischer Maßnahmen; Steigerung von Vertrauen und Verantwortung gegenüber Bürger_Innen (durch erleichterte Darstellung des „bigger picture“) sowie Möglichkeiten zur besseren Einbeziehung von Bürger_Innen (in Kombination mit Partizipations- bzw. „crowd sourcing“-Tools).
  • Entscheidung & Umsetzung politischer Maßnahmen: Verbesserung der Effizienz, Effektivität und somit Aufwand- und Kostenersparnis; detailliertere und akkuratere Prüfung der operativen Performance und Ausgaben; Monitoring und Optimierung der Allokation von Ressourcen (in Echtzeit); besseres Verständnis von Prozessen und Arbeitsabläufen; genauere und bessere Überprüfung der Einhaltung von Plänen zur Umsetzung; Reduzierung von Missbrauchs- und Betrugsfällen; Möglichkeit zur Personalisierung politischer Maßnahmen (insb. im Gesundheitsbereich)
  • Evaluierung politischer Maßnahmen: Detailliertere sowie holistischere Analysen (u.a. durch Einbeziehung eine Vielzahl von Variablen) auf verschiedenen Ebenen (von der individuellen Ebene öffentlich Bediensteter bis zur Makro-ökonomischen Ebene); besseres Verständnis von „Langzeiteffekten“ (z.B. im Gesundheits- und Bildungsbereich); schnelleres Erkennen von Problemen und Möglichkeit zur entsprechenden Anpassung politischer Maßnahmen;

Der erfolgreichen Implementierung solcher Technologien und der Verwirklichung ihrer Vorteile stehen jedoch einige Barrieren auf verschiedenen Ebenen entgegen.

Herausforderungen auf der Systemebene:

  • Privacy: Da die öffentliche Verwaltung über umfassende und teils hochsensible, persönliche Daten verfügt, gibt es stehts die Gefahr, dass diese Daten auf einzelne Bürger_Innen rückgeführt werden können. Dies würde einen Überwachungsstaat möglich machen. [siehe auch I. 5.]
  • Security: Aufgrund der Vielzahl an persönlichen Daten, sind Staaten immer öfter das Ziel von „Cyber Crime“. Es gibt also nicht nur die Gefahr des Missbrauchs von Daten durch den Staat selbst. Daten können auch gestohlen werden. [siehe auch I. 5.]
  • Öffentliche Aufträge: Öffentliche Aufträge und politische Ziele sind oft nicht klar und eindeutig formuliert. Mit anderen Worten: Sie lassen Spielraum für Interpretation. Dies kann in Anbetracht der Sammlung, Verwaltung und Verwendung von (insb. sensiblen) Daten hoch problematisch sein. [siehe IV. 2.]

Herausforderungen auf der Organisationsebene

  • Ressourcen: Mangel an Ressourcen, Talenten und einschlägigen Fähigkeiten im öffentlichen Bereich. [siehe etwa II. 2 & IV. 1.]
  • Datasilos: Das Bestehen von Informations- und Datensilos (z.B. aufgrund der Interoperabilität von IT-Infrastruktur, des Fehlens vergleichbarer Datenparameter, der Notwendigkeit von Investments zum Aufbau für den Datenaustausch nötigen Infrastruktur und Prozesse). [siehe I. 1.- 4.]
  • Rahmen für Kooperation: Fehlender Rahmen der Kollaboration im öffentlichen Sektor fördert und „Revierkämpfe“ (z.B. um finanzielle Ressourcen, politischen Einfluss, Autonomie).
  • Kultur: Oftmals eingefahrene und rigide Organisationsstrukturen und -kulturen.
  • Wahlzyklen: Wahlzyklen und die damit verbundenen Wechsel der politischen Entscheidungsträger sowie der politischen Ziele erschweren Investitionen bzw. die strategische und nachhaltige Implementierung.
  • Unterbudgetierung: Die Vorteile der Verwertung von Daten, etwa zur Optimierung von Prozessen, werden nicht erkannt, weshalb zu wenig Budget zur Verfügung gestellt wird.

Herausforderungen auf der individueller Ebene:

  • Know-How: Mangelnde Fähigkeiten und Wissen auf Ebene des Managements sowie mangelnde Möglichkeiten zur Weiterbildung der Mitarbeiter_Innen [siehe II. 2 & IV. 1.]
  • Mindset: Fehlen eines “Data-driven”-Mindsets sowie hohe Risikoaversion.
  • Leadership: Inkonsistentes Leadership in Anbetracht der wechselnden Ziele und/oder des Fehlens des politischen Willens.
  • Beziehungen: Persönliche Abneigungen und schlechte Beziehungen (insb. auf Managementebene), die eine Zusammenarbeit zwischen Personen und Organisationen verhindern;

Forderungen:

  • Weiterbildungen von Mitarbeiter_Innen aller Ministerien mit dem Ziel ein grundlegendes Verständnis für die Vorteile, Herausforderungen und Funktionsweisen von KIs, RPAs, ADS und anderen datengetriebenen Werkzeugen zu entwickeln, um deren Potentiale im Hinblick auf Qualitäts- und Produktivitätssteigerung nützen zu können; (Erforderlich sind auch Fortbildungen in den Bereichen: Technologie, Prozess- und Changemanagement, Ethik und Data Analytics[2]);
  • konkrete Pläne für die Transformation aller Ministerien in „Data-Driven Organizations“. Mit anderen Worten: die Anpassungen der Organisationsstrukturen, Prozesse und Arbeitsabläufe, an das übergeordnete Ziel, Daten besser sammeln (quantitativ und qualitativ), verwalten, nützen und für Andere nutzbar zu machen;
  • strategischer Einsatz von „RPAs“, „ADS“ und KIs zur (teilweisen) Automatisierung von Arbeitsabläufen und Prozessen innerhalb der öffentlichen Verwaltung;
  • Einführung des geplanten strukturierten Datenmanagements unter Einbeziehung aller Register und Datenbanken öffentlicher Einrichtungen, um „Datasilos“ (d.h. Hürden für die Verwendung von nützlichen Daten) zu beseitigen und den automatisierten Datenaustausch zwischen öffentlichen Einrichtungen flächendeckend zu ermöglichen;
  • Gründung von interministeriellen „Task-Forces“, bestehend aus Generalsekretär_Innen, CDOs, kompetenten und engagierten Mitarbeiter_Innen der Ministerien sowie externen Expert_Innen mit einschlägiger Erfahrung, um die obigen Punkte umzusetzen;
  • Ausstattung öffentlicher Einrichtungen mit moderner Hard- und Software (insb. um den elektronischen Datenverkehr zu ermöglichen bzw. zu unterstützen);
  • Flächendeckende Einführung einheitlicher Datenformate und technischer Standards im öffentlichen Sektor.

2. Rahmen für die Transformation der Verwaltung

Wie beschrieben kann der Einsatz von KI und verwandten Technologien zahlreiche Vorteile für die Politik und Verwaltung haben. Es gibt jedoch auch zahlreiche Herausforderungen und Gefahren, darum stellt sich die Frage nach den Grenzen des Einsatzes solcher Werkzeuge, z.B.:

  • „Algorithmic Bias“: KI funktioniert nur mit großen Datenmengen, die notwendigerweise auch unsachliche Wertungen bzw. Vorurteile transportieren (z.B. weil bestimmte Gruppen unserer Gesellschaft in der Vergangenheit systematisch benachteiligt wurden). Man spricht in diesem Zusammenhang von „Algorithmic Bias“. Im Ergebnis kann das dazu führen, dass Algorithmen Entscheidungen vorschlagen, die unsachlich oder sogar rechts- bzw. verfassungswidrig sind. Allgemein bestimmt die Qualität der Daten die Qualität des Ergebnisses („garbage in, garbage out“). Ähnliches gilt für das Problem von „noisy data“.
  • Keine Neutralität: Der Erfolg eines Algorithmus hängt immer von der Perspektive ab. Man kann KI nur danach beurteilen, ob sie ein bestimmtes Ziel erreicht. Da dieses Ziel die Funktionsweise eines Algorithmus bestimmt und durch Menschen festgelegt wird, ist KI nicht ideologiefrei.
  • Keine Unfehlbarkeit: KI hat „blinde Flecken“, denn die grundlegenden mathematischen Modelle sind nichts weiter, als vereinfachte Darstellungen bzw. Annahmen der Realität. Insofern ist „KI“ nicht unfehlbar.
  • „Black Boxes“: Problematisch ist auch, dass die meisten Algorithmen (noch) „Black Boxes“ sind. Das bedeutet, dass weder KIs, noch deren Erschaffer_Innen erklären können, wie Algorithmen zu Ergebnissen kommen. Eine KI kann sich also weder rechtfertigen, noch Verantwortung übernehmen.
  • KI als Selbstzweck: Abgesehen von technischen Herausforderungen, kann das „Verlassen auf Algorithmen“, dazu führen, dass sich Mitarbeiter_Innen im öffentlichen Dienst zu sehr auf Kennzahlen und kurzfristige Performance konzentrieren und dadurch das eigentliche politische Ziel aus den Augen verlieren oder am grundlegenden Problem „vorbeiarbeiten“.

Diese ausgewählten Probleme zeigen, dass es einen reflektierten Umgang mit KI (bzw. Tools zur Datenanalyse und Entscheidungsunterstützung im Allgemeinen) braucht, sowie die ständige Evaluierung des eigenen Vorgehens. Vor allem die (teilweise) Automatisierung von Entscheidungen wirft viele schwierige Fragen auf: In welchen Bereichen ist die Anwendung von KI besonders problematisch und wieso? Welche Entscheidungen und Prozesse sollen mit Hilfe von ADS teilweise automatisiert werden? Wie transparent und demokratisch sollen Vorgänge ablaufen, bei denen (politische) Verantwortung auf Maschinen übertragen wird?

Forderungen:

  • Einführung eines rechtlich verbindlichen Regelwerks für das Sammeln, Verwalten und die (Wieder)verwendung von Daten im öffentlichen Bereich („Data Governance“)
  • Einführung eines rechtlich verbindlichen Regelwerks für den Einsatz von neuen datengetriebenen Technologien (z.B. „ADS“), insb:
    • eine gesetzliche Verpflichtung zur öffentlichen Bekanntmachung vor der Implementierung von „ADS“ zur (teilweise) Automatisierung von Entscheidungen und Arbeitsabläufen im öffentlichen Bereich (inkl. die vom Algorithmus verfolgten Ziele, die Daten auf deren Grundlage die KI funktioniert);
    • eine gesetzliche Verpflichtung zu Durchführung und Veröffentlichung von Wirkungsfolgenabschätzungen (ex ante) sowie rückwirkender Evaluierungen, mit einem Fokus auf der Einhaltung von Datenschutzbestimmungen, dem Schutz der Privatsphäre, der systematischen Benachteiligung bestimmter Gruppen durch unsachliche Wertungen („Algorithmic Bias“) oder andere fehlerhafte Entscheidungen auf der Basis von verfälschten oder unvollständigen Daten.
    • die Gewährleistung eines ausreichenden Rechtsschutzes gegen (teilweise) automatisierte Entscheidungen durch Einsetzung eines unabhängigen Rechtsschutzbeauftragten.

[1]Vgl. Personalbericht 2017

[2] Das BMDW bietet beispielsweise bereits einschlägige Schwerpunktseminare an. (Siehe Beantwortung der Anfrage Nr. 1103/J)

 Die Zukunft Österreichs

Ein Ziel dieses Papiers war es, die Herausforderungen die KI an die österreichische Politik stellt, möglichst holistisch zu beleuchten und auf dieser Basis Forderungen für eine nationale KI-Strategie vorzuschlagen. Nichtsdestotrotz muss hervorgehoben werden, dass dieses Papier nur einen kleinen Bruchteil aller Herausforderungen adressiert, die die Digitalisierung an uns stellt. KI ist nur eine von vielen technologischen Entwicklungen, die unsere Gesellschaft tiefgreifend verändern werden und KI ist noch weit von der flächendeckenden Anwendung in der Wirtschaft entfernt. Vor diesem Hintergrund ist auch klar, dass sich die Politik bereits heute Gedanken über noch größere Veränderungen unseres Zusammenlebens machen muss.

1. Bildung, Arbeit & soziale Gerechtigkeit

Eine der wohl größten Herausforderungen wird es, das Zusammenspiel von Bildung, Arbeit und sozialer Gerechtigkeit zu gestalten. Dass es hier um weit mehr geht, als um die Einführung von „digitaler Bildung“ in Schulen oder neue Forschungsförderungen, wird klar, wenn man sich die längerfristigen Auswirkungen von KI auf den Arbeitsmarkt bzw. die Wirtschaft im Allgemeinen ansieht:

(Repetitive) Arbeit wird verschwinden. Durch die Digitalisierung unserer Gesellschaft und die Einführung neuer Technologien, wie KI, Robotik und IoT, werden repetitive Arbeiten zunehmen verschwinden. Ganz allgemein könnte man sagen, je weniger Flexibilität, Fähigkeit zur Anpassung, Problemlösung und soziale Interaktion notwendig ist, desto höher ist das Potential für Automatisierung. Anders als bei der 1. industriellen Revolution – aus der im Wesentlichen unser Bildungssystem stammt – wird es insofern nicht bei einer bloßen Verlagerung (vom Bauernhof in die Fabrik) bleiben. Auch wenn bestimmte handwerkliche Berufe und manuelle Tätigkeiten weiterhin bestehen werden, wird die Automatisierung auch repetitive Aufgaben in Bereichen betreffen, die viele noch nicht erwarten.

Arbeit wird sich verändern. Zum ersten Mal in der Geschichte werden auch komplexere und kognitiv anspruchsvollere Berufe am oberen Ende der Einkommensstufen von der Automatisierung nicht unberührt bleiben. Bereits heute nützen Anwälte, Ärzte, Designer und Manager die Unterstützung von KI bei ihrer Arbeit. Insofern ist auch zu erwarten, dass einige Jobs, die sich momentan am oberen Ende der Einkommensstufe befinden künftig schlechter bezahlt werden (z.B. weil künftig mehr Menschen – mit Hilfe von KI – diese Arbeiten erledigen können). Auch wenn oft davon gesprochen wird, dass die Automatisierung zur Massenarbeitslosigkeit führt, ist es wahrscheinlicher, dass sich bestehende Berufe verändern und zahlreiche neue Berufe entstehen werden. Diese neuen Berufe werden aber Fähigkeiten erfordern, die komplementär zu jenen von KI und Maschinen sind. Folgende Kategorien von Kompetenzen erscheinen vielversprechend: Erstens, bereichsübergreifende kognitive Fähigkeiten (z.B. Erkennen, Analysieren und Lösen von Problemen). Zweitens, kreative Fähigkeiten. Drittens, soziale und situative Fähigkeiten (z.B. Kollaboration in Teams). Viertens, Bewältigung von Aufgaben die Wahrnehmung und Handhabung mit hoher Präzision erfordern (z.B. handwerkliches Geschick).

(Aus)Bildung wird sich verändern. Umso wichtiger wird es, Fähigkeiten zu fördern, die KI und Maschinen nicht besitzen. Das würde aber grundlegende Änderungen der schulischen Bildung erfordern. Abgesehen von der schulischen Bildung, wird auch lebensbegleitendes Lernen eine immer größere Rolle spielen, da sich Berufe – zusammen mit Technologie – ständig weiterentwickeln.

Polarisierung des Arbeitsmarkts? Insofern gibt es eine viel größere Gefahr, als die Massenarbeitslosigkeit durch Maschinen: Sollte ein Teil der Bevölkerung nicht mit den sich ändernden Anforderungen des Arbeitslebens mithalten können, ist eine „Polarisierung“ des Arbeitsmarkts zu erwarten. Das bedeutet, dass die „Mittelschicht“ stagnieren oder sogar schrumpfen und die Kluft zwischen Bürger_Innen mit (sehr) niedrigem und (sehr) hohem Einkommen weiter auseinander gehen wird. Die Polarisierung des Arbeitsmarkts, wird früher oder später auch die Gesellschaft als Ganzes betreffen und nicht zu Letzt die Chancen­ungleichheit in unserer Gesellschaft weiter erhöhen.

(Andere) Trends die den Arbeitsmarkt beeinflussen werden. Abgesehen von der Automatisierung gibt es auch andere (technologische) Trends, die den Arbeitsmarkt bzw. Arbeit allgemein immer stärker beeinflussen werden oder dies bereits tun, wie zum Beispiel die „Plattformökonomie“ (inkl. „Gig-Economy“) und neue Industrien und Sektoren („Green Energy“ u.a.). Anders als sozioökonomische Trends (z.B. Globalisierung, demographischer Wandel, gesellschaftliche Ungleichheiten) – die durch politische Maßnahmen zumindest kurzfristig nur schwer oder zum Teil gar nicht beeinflußbar sind – sind die Auswirkungen technologischer Trends stark abhängig von politischen Maßnahmen auf nationaler Ebene, vor allem von deren Förderung im Bereich der Forschung und der faktischen Umsetzung durch die Wirtschaft sowie den regulatorischen Rahmenbedingungen. Neue Technologien und Innovationen sind eine Chance, um sozioökonomischen Herausforderungen zu begegnen und zentral für die langfristige Sicherung der Wertschöpfung in Österreich und damit der Finanzierung unseres Sozialsystems.

Finanzierung des Bildungs- & Sozialsystems? In jedem Fall, würde durch die Polarisierung des Arbeitsmarktes eine weitere Herausforderung auf uns zukommen: Wer wird das österreichische Bildungs- und Sozialsystem künftig finanzieren? Angesichts des demographischen Wandels ist zu erwarten, dass die Kosten des Pensions- und Gesundheitssystems deutlich steigen werden. Bleibt ein Teil der Bevölkerung – z.B. mangels relevanter Qualifikationen – ohne Arbeit werden auch die Kosten für die soziale Absicherung und Qualifizierungsmaßnahmen (außerhalb der schulischen und höheren Bildung) steigen.

Fragen die unsere Zukunft bestimmen. Insofern muss sich die Politik bereits heute Fragen stellen, die weit über eine KI-Strategie hinausgehen, wie beispielsweise:

  • Was wird ein angemessenes, allgemeines Bildungsniveau für die zukünftige Erwerbsbevölkerung sein und wie können wir dieses Niveau sicherstellen?
  • Wie wird sich Arbeit in den nächsten fünf bis zwanzig Jahren verändern? Welche Jobs werden neu entstehen oder gänzlich wegfallen? Was ist der beste Weg um die Verteilung von Arbeit auf Menschen und Maschinen (KI, Roboter etc.) zu gestaltet?
  • Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen müssen geschafften werden, um neue Formen von Arbeit zu unterstützen (z.B. GigEconomy, modulares Arbeiten in dezentralisierten Organisationsformen)?
  • Wie schaffen wir eine Kultur des lebenslangen Lernens?
  • Wie muss sich lebensbegleitendes Lernen verändern, damit die Kompetenz von Arbeitnehmer_Innen den Anforderungen des Arbeitsmarkts der Zukunft entsprechen? Wie wirkt sich die Länge der verbleibenden beruflichen Laufbahn einer Person auf ihren Bedarf an zusätzlicher Ausbildung aus (insb. bei alternden Arbeitskräften.)? Wie sollen die Kosten für lebensbegleitendes Lernen zwischen Arbeitnehmer_Innen, Arbeitgeber_Innen und dem Staat künftig aufgeteilt werden?
  • Wie kann Österreich künftig technologischen Fortschritt und neue Technologien nützen, um mehr Chancengleichheit zu schaffen? Wie können wir eine Polarisierung des Arbeitsmarkts verhindern?
  • Wie muss das österreichische Sozial- und Steuersystem – angesichts künftiger technologischer Möglichkeiten und eines sich ständig ändernden Arbeitsmarktes – reformiert werden?
  • Wie können nationale Maßnahmen, mit denen (strukturelle) Änderungen im Bereich des Bildungs-, Sozial- und Steuersystems sowie der Arbeitsmarktpolitik adressiert werden, mit übernationalen Maßnahmen und Strategien (insb. auf Ebene der EU) erfolgreich abgestimmt werden?